Märchen | Merkmale, Beispiele & Schreibanleitung
Märchen sind erfundene Geschichten über fantastische Figuren und wundersame Begebenheiten, die häufig eine moralische Botschaft oder Lehre vermitteln.
Sie existieren in allen Kulturen und Sprachräumen und wurden häufig über Jahrhunderte mündlich weitererzählt, bevor man sie sammelte und aufschrieb.
In diesem Artikel erläutern wir alle Merkmale von Märchen mit Beispielen. Außerdem findest du eine Anleitung zum Märchenschreiben und eine Liste mit 55 Märchen aus aller Welt.
Märchen: Merkmale
Märchen sind kurze Geschichten mit fantastischen Elementen, die der Epik zugerechnet werden, also der erzählenden Literatur.
Sie sind frei erfunden, was sie von anderen epischen Formen wie der Legende oder Sage unterscheidet. Diesen liegt häufig eine wahre Begebenheit zugrunde.
Die folgende Tabelle zeigt alle wichtigen Merkmale von Märchen auf einen Blick:
| Figuren |
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| Ort und Zeit |
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| Aufbau und Handlung |
|
| Erzählweise |
|
Volksmärchen sind Märchen, die lange Zeit mündlich überliefert und dabei immer wieder verändert wurden. Daher gibt es hier auch keinen einzelnen Autor. Als Urheber gilt vielmehr das ganze ‚Volk‘ bzw. die ganze Sprachgemeinschaft.
Gesammelt und aufgeschrieben wurden die meisten Volksmärchen erst im 18. und frühen 19. Jahrhundert, in Deutschland u. a. von den Brüdern Grimm.
Kunstmärchen wurden dagegen erst in jüngerer Zeit von einem einzelnen Autor oder einer einzelnen Autorin verfasst. Bekannte Autoren von Kunstmärchen sind z. B. Christian Hauff, Hans Christian Andersen oder Oscar Wilde.
Ein inhaltlicher Unterschied zwischen Kunstmärchen und Volksmärchen besteht darin, dass die Figuren in Kunstmärchen stärker als Individuen ausgearbeitet sind. Außerdem gibt es in Kunstmärchen auch nicht immer ein Happy End.
Figuren
Die Figuren in Märchen sind meistens eher Stereotype als individuelle Persönlichkeiten.
Außerdem treten sie häufig in Gegensatzpaaren auf, z. B.:
- arm vs. reich (Aschenputtel)
- fleißig vs. faul (Frau Holle)
- gut vs. böse (Hänsel und Gretel)
- schön vs. hässlich (Der Froschkönig)
- schlau vs. dumm (Märchen von einem, der auszog das Fürchten zu lehren)
Hier siehst du zwei konkrete Textbeispiele dafür, wie gegensätzliche Figuren in Märchen eingeführt werden:
(Brüder Grimm: Frau Holle)
„Ein Vater hatte zwei Söhne, davon war der älteste klug und gescheidt, und wußte sich in alles wohl zu schicken, der jüngste aber war dumm, konnte nichts begreifen und lernen …“
(Brüder Grimm: Märchen von einem, der auszog das Fürchten zu lernen)
Oft werden die Figuren jedoch einfach mit ihrer familiären Rolle oder ihrem Beruf bezeichnet, z. B. in Brüderchen und Schwesterchen oder Das tapfere Schneiderlein.
Auch daran sieht man, dass es sich eher um Stereotype als um individuelle Persönlichkeiten handelt.
Zeit und Ort
Die Zeit und der Ort werden in Märchen nur ungefähr bestimmt.
Es gibt also keine Jahreszahlen oder Kalenderdaten und meistens auch keine genauen Ortsangaben wie Namen von Städten oder Flüssen.
Typische ungefähre Zeitangaben in Märchen sind z. B.:
(Brüder Grimm: Dornröschen)
„Es war einmal mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel herab, da saß eine Königin an einem Fenster …“
(Brüder Grimm: Schneewittchen)
Typische ungefähre Ortsangaben in Märchen sind z. B.:
(Brüder Grimm: Hänsel und Gretel)
„Es war einmal ein Schloss mitten in einem großen dicken Wald, darinnen wohnte eine alte Frau ganz allein, das war eine Erzzauberin.“
(Brüder Grimm: Jorinde und Joringel)
Aufbau und Handlung
Aufbau und Handlung von Märchen sind oft nach einem ähnlichen Muster gestaltet.
Der Ausgangspunkt besteht fast immer darin, dass die Hauptfigur vor ein Problem gestellt wird, eine Aufgabe lösen oder eine Prüfung bestehen muss.
Die Hauptfigur oder die Hauptfiguren müssen z. B.
- eine böse Hexe überlisten (Hänsel und Gretel),
- ihre Tapferkeit beweisen (Das tapfere Schneiderlein),
- einem bösen Wolf entwischen (Rotkäppchen),
- die Mordanschläge einer bösen Königin überleben (Schneewittchen) oder
- lernen, für sich selbst zu sorgen (Märchen von einem, der auszog das Fürchten zu lernen).
Im Hauptteil des Märchen wird häufig das gleiche Grundmuster dreimal variiert, bevor die Hauptfigur die Aufgabe schließlich löst bzw. die Prüfung besteht.
Am Schluss steht dann fast immer Happy End. Manche Märchen enthalten zudem eine ausformulierte Moral, die die Botschaft des Märchens zusammenfasst.
(Brüder Grimm: Rotkäppchen)
Beispiele für Kunstmärchen ohne Happy End sind Die kleine Meerjungfrau, Das Mädchen mit den Schwefelhölzern oder Der standhafte Zinnsoldat von Hans Christian Andersen.
Erzählweise
Die Erzählweise von Märchen ist chronologisch. Alles wird in der richtigen zeitlichen Reihenfolge erzählt und es gibt nur einen Handlungsstrang.
Magische Elemente wie Zauberei oder sprechende Tiere kommen in Märchen ganz natürlich vor. Ihr Auftreten wird nicht erklärt und verwundert meistens auch niemanden.
Typisch für die Erzählweise von Märchen ist außerdem die Verwendung formelhafter Satzanfänge/Sätze am Beginn und manchmal auch am Schluss.
Viele Märchen eröffnen z. B. mit der Formel „Es war einmal …“ oder „In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat“.
So ist den Lesenden oder Zuhörenden sofort klar, dass es sich bei dem Text um ein Märchen handelt.
(Brüder Grimm: Der Wolf und die sieben Geißlein)
„In der alten Zeit, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König, dessen Töchter waren alle schön …“
(Brüder Grimm: Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich)
Manche Märchen enden zudem mit einer Formel wie „Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende“ oder „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“.
(Brüder Grimm: Brüderchen und Schwesterchen)
Dadurch wird der Märchencharakter des Textes zum Schluss noch einmal unterstrichen.
Bedeutung der Märchenzahlen 3, 7 und 12
In vielen Märchen spielt Zahlensymbolik eine Rolle. Besonders häufig kommen die Zahlen 3, 7 und 12 in Märchen vor.
Hier erfährst du, wofür die Märchenzahlen symbolisch stehen, worauf sie kulturell verweisen und welche Bedeutung oder Funktion sie im Märchen haben.
Die Märchenzahl 3
| Symbolik | Göttlichkeit, Vollständigkeit, Harmonie |
| Verweist auf | Göttliche Dreifaltigkeit; Gliederung der Zeit in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; Aufteilung des menschlichen Lebens in Geburt, Leben und Tod |
| Bedeutung/ Funktion | Der Held/die Heldin hat drei Aufgaben zu erfüllen oder drei Wünsche frei oder es gibt drei Brüder als Hauptfiguren (Schwestern tauchen häufiger als Gegensatzpaar auf). |
| Beispiel | Der Froschkönig, Die drei kleinen Schweinchen, Die goldene Gans |
Die Märchenzahl 7
| Symbolik | Vollendung, kosmische Ordnung, Glückszahl; mathematisch ist 7 die Summe aus 3 (Symbol für Göttlichkeit) und 4 (Symbol für Ordnung) |
| Verweist auf | Sieben Tage der Woche; die Schöpfung der Welt in sieben Tagen; sieben Planeten der Antike |
| Bedeutung/ Funktion | Steht für eine in sich geschlossene Welt oder eine besondere, fast magische Ordnung. Häufig beginnt die Handlung damit, dass die Vollendung der 7 gestört wird, z. B. indem jemand hinzukommt. |
| Beispiel | Schneewittchen und die sieben Zwerge, Der Wolf und die sieben Geißlein; Das tapfere Schneiderlein |
Die Märchenzahl 12
| Symbolik | Ordnung, Vollständigkeit im großen Maßstab (kosmisch oder gesellschaftlich); mathematisch ist 12 das Produkt aus 3 (Symbol für Göttlichkeit) mal 4 (Symbol für Ordnung) |
| Verweist auf | Zwölf Monate des Jahres, zwölf Tierkreiszeichen, zwölf Apostel im Christentum |
| Bedeutung/ Funktion | Die 12 steht für die Einbindung in einen größeren, kosmischen oder gesellschaftlichen Zusammenhang. Ähnlich wie bei der 7 dreht sich die Handlung in Märchen oft darum, dass etwas Dreizehntes hinzukommt und somit die Ordnung stört. Oder die 12 kann aus irgendeinem Grund nicht erreicht werden. |
| Beispiel | Die zwölf Brüder, Die zertanzten Schuhe, Dornröschen |
Märchen schreiben: Anleitung
Wenn du selbst ein Märchen schreiben willst, kannst du dich an folgendem Aufbau orientieren:
Märchen schreiben: Aufbau
| Einleitung | Du beschreibst, wer die Hauptfigur in deinem Märchen ist, was sie besonders macht und welche Herausforderung sie meistern oder welche Prüfung sie bestehen muss.
Um deinen Text gleich zu Beginn als Märchen kenntlich zu machen, kannst du mit den Worten ‚Es war einmal …‘ beginnen. |
| Hauptteil | Deine Hauptfigur versucht, die Herausforderung zu meistern oder die Prüfung zu bestehen, die du dir ausgedacht hast. Dabei treten immer wieder unvorhergesehene Probleme auf.
Oft muss die Hauptfigur im Hauptteil eines Märchens drei Herausforderungen meistern oder drei Prüfungen bestehen, die mit jedem Mal schwieriger werden. Lass im Hauptteil auch eine typische Märchenfigur auftreten, z. B. eine böse Hexe, eine gute Fee oder ein sprechendes Tier. Diese können deiner Hauptfigur zur Hilfe kommen oder ihr das Leben schwer machen. |
| Schluss | Im Schlussteil hat deine Hauptfigur alle Prüfungen bestanden und du beschreibst, was sich dadurch für sie geändert hat. Vielleicht ist sie reich geworden oder sie hat etwas Wichtiges gelernt.
Um deinen Text auch hier noch einmal eindeutig als Märchen zu markieren, kannst du mit den Worten enden: „Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende.“ Wenn dein Märchen eine moralische Botschaft hat, kannst du diese ganz zum Schluss ausformulieren. Oder du überlässt es den Lesenden, die Botschaft selbst zu entschlüsseln. |
Statt einer einzelnen Hauptfigur kann dein Märchen natürlich auch zwei Hauptfiguren haben, z. B. ein Geschwisterpaar wie ‚Hänsel und Gretel‘.
Liste: Märchen aus aller Welt
Hier ist eine Liste mit 55 berühmten bekannten Märchen aus aller Welt:
| Volksmärchen | Aus „Geschichten aus 1001 Nacht“:
Charles Perrault:
Brüder Grimm:
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| Kunstmärchen | Johann Wolfgang von Goethe:
Ludwig Tieck:
E. T. A. Hoffmann:
Wilhelm Hauff:
Hans Christian Andersen:
Joseph Jacobs:
Oscar Wilde:
Gerdt von Bassewitz:
Antoine de Saint Exupéry:
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Häufig gestellte Fragen zu Märchen
- Was sind die bekanntesten Märchen?
-
Die folgenden Märchen zählen zu den bekanntesten:
- Der gestiefelte Kater (Charles Perrault)
- Hänsel und Gretel (Brüder Grimm)
- Aschenputtel (Brüder Grimm)
- Frau Holle (Brüder Grimm)
- Rotkäppchen (Brüder Grimm)
- Dornröschen (Brüder Grimm)
- Schneewittchen (Brüder Grimm)
- Nußknacker und Mausekönig (E. T. A. Hoffmann)
- Kalif Storch (Wilhelm Hauff)
- Der kleine Muck (Wilhelm Hauff)
- Zwerg Nase (Wilhelm Hauff)
- Die Prinzessin auf der Erbse (Hans Christian Andersen)
- Die kleine Meerjungfrau (Hans Christian Andersen)
- Die Nachtigall (Hans Christian Andersen)
- Die roten Schuhe (Hans Christian Andersen)
- Die Schneekönigin (Hans Christian Andersen)
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- Was ist das beste Märchen der Welt?
-
Was das beste Märchen der Welt ist, kann man nur schwer sagen, denn das ist Geschmacksache. Die folgenden drei Märchen gehören jedoch sicher zu den besten und bekanntesten:
- Dornröschen (Brüder Grimm)
- Die Eiskönigin (Hans Christian Andersen)
- Aladin und die Wunderlampe (Geschichten aus 1001 Nacht)
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- Was bedeuten die Zahlen 3, 7 und 12 in Märchen?
-
Die Zahlen 3, 7 und 12 tauchen in vielen Märchen auf. Sie gelten daher als typische ‚Märchenzahlen‘ mit tieferer Bedeutung:
Die Zahl 3
- Symbolik: Göttlichkeit, Vollständigkeit, Harmonie
- Verweist auf: Göttliche Dreifaltigkeit; Gliederung der Zeit in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; Aufteilung des menschlichen Lebens in Geburt, Leben und Tod; Sprichwort: Aller guten Dinge sind drei
- Bedeutung/Funktion im Märchen: Der Held/die Heldin hat drei Aufgaben zu erfüllen oder drei Wünsche frei oder es gibt drei Brüder als Hauptfiguren (Schwestern tauchen häufiger als Gegensatzpaar auf).
- Beispiele: Der Froschkönig, Die drei kleinen Schweinchen, Die goldene Gans
Die Zahl 7
- Symbolik: Vollendung, kosmische Ordnung, Glückszahl; mathematisch ist 7 die Summe aus 3 (Symbol für Göttlichkeit) und 4 (Symbol für Ordnung)
- Verweist auf: Sieben Tage der Woche; die Schöpfung der Welt in sieben Tagen; sieben Planeten der Antike
- Bedeutung/Funktion im Märchen: Steht für eine in sich geschlossene Welt oder eine besondere, fast magische Ordnung. Häufig beginnt die Handlung damit, dass die Vollendung der 7 gestört wird, z. B. indem jemand hinzukommt.
- Beispiele: Schneewittchen und die sieben Zwerge, Der Wolf und die sieben Geißlein; Das tapfere Schneiderlein
Die Zahl 12
- Symbolik: Ordnung, Vollständigkeit im großen Maßstab (kosmisch oder gesellschaftlich); mathematisch ist 12 das Produkt aus 3 (Symbol für Göttlichkeit) mal 4 (Symbol für Ordnung)
- Verweist auf: Zwölf Monate des Jahres, zwölf Tierkreiszeichen, zwölf Apostel im Christentum
- Bedeutung/Funktion im Märchen: Die 12 steht für die Einbindung in einen größeren, kosmischen oder gesellschaftlichen Zusammenhang. Ähnlich wie bei der 7 dreht sich die Handlung in Märchen oft darum, dass etwas Dreizehntes hinzukommt und somit die Ordnung stört. Oder die 12 kann aus irgendeinem Grund nicht erreicht werden.
- Beispiele: Die zwölf Brüder, Die zertanzten Schuhe, Dornröschen
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- Was sind die 7 Merkmale eines Märchens?
-
Die 7 Merkmale eines Märchens sind:
- Ungenaue Bestimmung von Ort und Zeit
- Stereotype Figuren ohne individuellen Charakter
- Die Hauptfigur muss eine Aufgabe lösen oder eine Prüfung bestehen
- Einfache Sprache mit formelhaften Sätzen wie ‚Es war einmal …‘
- Magische Elemente wie Hexen, Feen oder verzauberte Orte
- Zahlensymbolik (häufig 3, 7 oder 12)
- Happy End, manchmal mit ausformulierter Moral
Märchen werden der Gattung der Epik zugeordnet, also der erzählenden Literatur. Weitere epische Formen sind z. B.:
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- Was sind die 10 Merkmale eines Märchens?
-
Die 10 Merkmale eines Märchens sind:
- Ungenaue Bestimmung von Ort und Zeit
- Frei erfundene Handlung
- Stereotype Figuren ohne individuellen Charakter
- Die Hauptfigur muss eine Aufgabe lösen oder eine Prüfung bestehen
- Einfache Sprache mit formelhaften Sätzen wie ‚Es war einmal …‘
- Magische Elemente wie Hexen, Feen oder verzauberte Orte
- Zahlensymbolik (häufig 3, 7 oder 12)
- Verhandlung von Gegensätzen wie ‚Gut vs. Böse‘ oder ‚Schlau vs. Dumm‘
- Einsträngige, chronologische Erzählweise
- Happy End, manchmal mit ausformulierter Moral
Märchen werden der Gattung der Epik zugeordnet, also der erzählenden Literatur. Weitere epische Formen sind z. B.:
Tipp:
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